Heuschrecken zirpen, Autos rauschen, Fräsen kreischen. Mitten in der blühenden Engadiner Bergwelt steht die neue Kunstschmiede von Thomas Lampert. Genauer gesagt: mitten im kleinen Weiler Giarsun, an der Hauptstrasse nach Scuol und gegenüber seinem Wohnhaus. Macht sich der 48-Jährige an die Arbeit, tut er dies mit effizienten, raschen Bewegungen: «Vom Schmieden leben kann nur, wer es in seiner Jugend gelernt hat», ist Lampert überzeugt.
20 Arbeitsschritte für ein Messer
Kaum glüht das Feuer in der Esse, legt Lampert 40 Messer-Rohlinge hinein, die meisten an den Rand der Glut, etwa zehn mitten hinein. Bis zu 1500 Grad heiss ist es da. Ein Schluck Schoggidrink, dann legt er los. Im Minutentakt holt er einen glühenden Rohling mit der Zange aus dem Feuer, legt ihn unter einen grossen Lufthammer, verschiebt den Rohling nach jedem Schlag etwas, kontrolliert die Breite der Klinge. Keine Bewegung ist zu viel. Noch ein, zwei Hammerschläge auf dem Amboss und fertig ist der erste Arbeitsschritt. Es folgen 19 weitere: Klinge begradigen, Holzgriffe ankleben, Griff und Klinge fertig schleifen. Insgesamt braucht Lampert im ausgeklügelten Prozess 40 Minuten pro Messer, verteilt auf drei Tage. Jedes ein Unikat, und doch perfekt. Sein Ziel: Kunsthandwerk zu bezahlbaren Preisen anbieten. «Dabei sind Messer noch das Einfachste», sagt er. Inzwischen macht er damit 30 Prozent seines Umsatzes: Aber in seiner neuen Werkstatt kann er vom Kaffeelöffel über kunstvolle Balkongeländer zu zehn Meter langen Eisentreppen alles fertigen. Die Vielseitigkeit reizt ihn und sein vierköpfiges Team. Sie war vor dem Bau dieser Schmiede nicht in dieser Art möglich.