Zusammenrücken für die Wärme
Das Walliser Dorf Ernen setzt auf auf erneuerbare Energie: Die Häuser werden über eine Fernwärmeanlage mit Energie aus Holzschnitzeln beheizt.
Das Walliser Dorf Ernen setzt auf auf erneuerbare Energie: Die Häuser werden über eine Fernwärmeanlage mit Energie aus Holzschnitzeln beheizt.
Ernen steigt um auf eine ökologische Fernwärmeheizung. Im Frühsommer werden fast alle Haushalte im Walliser Dorf an die neue Holzschnitzelheizung angeschlossen. Der Weg dahin war nicht immer einfach, die Erner hatten mit einigen Herausforderungen zu kämpfen.
Ernens Goldspeicher ist gefüllt bis unter die Decke. Mit Holz. Für das 500-Seelen-Dorf im Goms ist Lärchenholz wertvoll wie Gold. Während in andern Wäldern Holz, das nicht für Bauzwecke verwendet werden kann, vor sich hin fault, hat es in Ernen eine neue Bestimmung gefunden: Das zu Schnitzeln geschredderte Lärchenholz wartet darauf, verbrannt zu werden und so ein ganzes Dorf zu wärmen. Dies sobald die Heizanlage im Verlauf des Jahres in Betrieb genommen wird.
Die Idee für eine Holzschnitzelheizung in Ernen entstand 2011. Kurz nach der Katastrophe mit der Explosion im Kernkraftwerk in Fukushima wurde in vielen Köpfen das ökologische Denken wieder aktiviert. Die meisten Erner wollten deshalb eine umweltfreundliche Heizung. Der erste Projektentwurf hat nicht rentiert, aber die Erner haben nicht aufgegeben. «Praktisch alle Dorfbewohner haben sich für eine Holzschnitzelheizung entschieden», sagt Gemeindepräsidentin Christine Clausen. Um das Projekt zu realisieren, schlossen sich einige von ihnen zu einer Genossenschaft zusammen. Nebst Privatpersonen aus Ernen machten auch lokale Unternehmen mit. «Ohne diesen Zusammenschluss wäre das Projekt nicht realisierbar gewesen. Wenn nicht jeder mitmacht, haben wir keine Chance», sagt Clausen. Besonders in einem kleinen Bergdorf wie Ernen sei der Zusammenhalt wichtig, sonst komme man nicht sehr weit. «Wir sind sehr froh um die Beratung und Hilfe der Energieregion Goms, die Projekte mit erneuerbaren Energien fördert, und auch um den Beitrag der Schweizer Berghilfe. Das bedeutete für uns sein oder nicht sein.»
Für das Fernwärmenetz wurde eine neue Heizhalle gebaut. Dort werden die Schnitzel verbrannt. Dabei wird Wasser erhitzt, das danach zu den einzelnen Haushalten gepumpt wird. Um die Leitungen von der Heizhalle zu den Haushalten zu ziehen, mussten praktisch alle Gassen im Dorf aufgerissen werden. Weil diese sehr schmal und eng sind, waren die Bauarbeiten eine Herausforderung.
Die Genossenschaft für den Fernwärmeverbund Ernen ist nicht der einzige Zusammenschluss im Goms. 2011 haben sich die drei Forstbetriebe zu Forst Goms vereinigt. «So können wir gegenseitig voneinander profitieren und einander zum Beispiel Maschinen ausleihen», sagt Tony Jentsch, von Forst Goms. «Wir sind ja keine Konkurrenten, sondern gemeinsam für die Bewirtschaftung des Waldes da.» Forst Goms liefert das Holz für die Schnitzelheizung. Um das Dorf Ernen während eines Jahrs zu beheizen, braucht es ungefähr 3000 Kubikmeter Schnitzel, schätzt Tony Jentsch. Das sind ungefähr 400 Bäume. Es werden aber nicht ganze Stämme zu Schnitzeln verarbeitet, sondern nur das qualitativ minderwertige Holz, das nicht zum Bauen verwendet werden kann.
Es ist geplant, dass die Haushalte im Dorfkern im Frühsommer an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Während der ersten drei Jahre arbeiten die Beteiligten ehrenamtlich, die Unterhaltsarbeiten wer-den nicht verrechnet. Mit der neuen Holzschnitzelheizung kann das Dorf Ernen jährlich rund 200 000 Liter Erdöl einsparen. Die Dorfbewohner waren zu fast 100 Prozent für das Fernwärmenetz, obwohl sie die Installation etwas kostet. Die Heizkosten selbst werden nachher ungefähr gleich hoch sein wie bei der Ölheizung. «Aber jetzt bleibt das Geld für die Schnitzel hier in der Region, und wir können das Holz aus dem eigenen Wald sinnvoll verwerten», sagt Christine Clausen. Ihr ist die Holzschnitzelheizung nicht nur als Gemeindepräsidentin wichtig, sondern auch persönlich. Ihr eigenes Haus wird ebenfalls ans Fernwärmenetz angeschlossen. «Ich bin froh, dass die Heizung bald läuft. Das war ein ungeheurer Kraftakt für unser kleines Dorf und seine Bewohner. Wir sind stolz, dass wir es geschafft haben.»